Kinderträume aus Blech in den 50ern und danach.

„Wenn die Haare weiß werden, werden die Erinnerungen grün.“


Ja, und ich erinnere mich sehr gern…
…an die Zeiten, in denen mir ich als kleiner Knirps die Nase am Schaufenster des kleinen Spielwarenladens „Herden“ in Gelsenkirchen-Erle plattdrückte, weil sich hinter den Scheiben die Objekte meiner Kinderträume befanden, für die mein Taschengeld niemals ausreichen konnte, denn die Fürsorgeunterstützung, von der wir lebten, reichte gerade für das Notwendigste, und so blieben die Wünsche meist unerfüllt.

Allerdings hatte meine Freunde diese tollen Spielsachen, an denen ich teilhaben durfte: , die, wenn man sie mit einem Schlüssel aufzog, schnurrten und ihre Kurven drehten, bis das Federwerk seine Kraft verlor und wieder neu aufgezogen werden wollte.

Später dann, als Erwachsener, habe ich mir die versagten Kinderwünsche
nach und nach erfüllt, sammelte jahrelang die wunderschönen alten Blechspielzeuge
von Schuco, Lehmann und den anderen Herstellern.
Ich besuchte sogar einmal den Blechspielzeug-Experten Rudger Huber in seinem Haus
im Bayerischen Wald, bestaunte all die bunten Spielsachen von „damals“ und schaffte mir nach und nach eine kleine bescheidene Sammlung an, die ich wie einen Schatz hüte.

Und manchmal mache ich Kartons auf, nehme die Spielsachen in die Hand,
ziehe die kleinen Autos mit dem Schlüssel auf, lasse sie schnurren, laufen, fahren
und bin versunken und fern des Alltags – und ein wenig auch wieder Kind.

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Schuco. Der Schlüssel.

Neulich kam mir der Gedanke, in unregelmässiger Folge meine Spielzeugkiste zu öffnen, um meine geschätzen Blogbesucher an diesen Kinderträumen von „damals“ teilhaben zu lassen. Ehrlich gesagt, mache ich mir selbst damit auch eine Freude.

Vor ein paar Jahren habe ich einmal eines der kleinen technischen Wunderwerke von Schuco aus Blech filmisch festgehalten:

Der Schuco „Mirako-Bus 1004“.

Die Besonderheit: dieses Auto fiel nicht von der Tischkante!
Es stammt noch aus der U.S.-Zonen-Zeit*, läuft aber noch wie am Schnürchen.

Hier der Beweis:

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Auszug aus dem Prospekt:
Die SCHUCO-MIRAKO-Autos fahren auf jeder Fläche ohne herabzufallen.
Sie lenken am Rande der Lauffläche um, als würden sie von einer unsichtbaren Hand gesteuert. Auf ganz kleinen Flächen, Zigarettenschachteln etc., drehen sie sich im Kreis herum, ohne abzugleiten.“

Hach.. 🙂


Dankeschön an meinen Gelsenkirchener-Geschichten-Freund „Benzin-Depot“ für die Überlassung des Schuco-Prospektbildes.
*Die Fa. Schuco saß in Nürnberg, damals amerikanische Besatzungszone, so sind diese Spielzeuge an ihrem Aufdruck „Made in U.S. Zone Germany“ zu erkennen.

 

Über Lo

Wer im Schatten des Förderturms der Gelsenkirchener Kohlenzeche Graf Bismarck aufgewachsen ist – zu einer Zeit, als man tatsächlich noch vom “schwatten Kohlenpott” sprechen konnte, weil damals “Wäsche auffe Leine” nicht lange weiß blieb, wer sommerliche Badefreuden nicht am blauen Meer, sondern am Ufer des Rhein-Herne-Kanals – der so genannten “Frikadellen-Riviera” – genoss und sich als Kind über “Hasenbrot” freute, was in Wirklichkeit nichts anderes war, als die wieder mit nach Hause gebrachten Stullen, die vom Vater als Bergmann unter Tage nicht aufgegessen wurden, wer schon als kleiner Knirps ganz stolz für 50 Pfennige Belohnung 20 Zentner regelmäßig vor dem Haus angelieferte “schwatte” Deputatkohle in den Keller schippte, der hatte eine vielleicht arme, aber trotzdem abenteuerliche und schöne Kindheit zur Zeit der Pettycoats und des Wirtschaftswunders. Meine Wurzeln sind der Kohlenpott und seine Menschen mit ihrem besonderen, grund”ährlichen” Charme... Gezz weisse ´n bissken Bescheid, oder?
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11 Antworten zu Kinderträume aus Blech in den 50ern und danach.

  1. Mallybeau Mauswohn schreibt:

    Lieber Lo!

    Was für ein schönes kleines Auto.
    Und wie gut, dass es sich selbst vor dem Sturz in ungeahnte Tiefen und dem Zerbersten verschont hat, sonst würden Sie womöglich beim Griff in Ihre Spielsachenkiste heute ins Leere greifen.
    Da wünsche ich weiterhin gute Fahrt bis an den Rand des Abgrunds 🙂

    Herzliche Grüße … brumm brumm …
    Mallybeau

    PS: Wären doch manche Menschen nur so intelligent wie dieses Auto!

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  2. Clara HH schreibt:

    Ich habe mir auch voller Faszination das Filmchen angesehen, sind es doch auch Autos aus meiner Kinderzeit. Nur wir Kinder im Osten hatten meist nicht so feines Spielzeug.
    Wenn heutzutage bei einer Busreise ein Chauffeur schon mit beiden Vorderrädern über den Abgrund fahren würde, wäre ich aber sofort und gleich aus dem Bus raus und die Fahrt wäre für mich beendet. Irgendwie würde ich schon nach Hause kommen.
    Aber schön ist so eine Spielzeugsammlung aus alter Zeit bestimmt – ich habe nichts mehr aus dieser Zeit, dafür bin ich viel zu sehr der Aufräum- und Wegwerftyp.
    Weniger Regen als hier wünsche ich.
    Clara

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  3. Jules van der Ley schreibt:

    Für das Design kann ich mich heute noch begeistern. Du hast dieses Kleinod toll abgefeiert, lieber Lo. Ein Kollege von mir hatte auch Blechspielzeug aus seiner Kindheit im Regal. Ich beneidete ihn um diese Kontinuität, weil mir solche Dinge aus der frühen Kindheit komplett fehlen.

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    • Lo schreibt:

      Mir fehlt ebenso Vieles aus meiner Kindheit: so besitze ich keine Kinderfotos, weil wir keine Kamera hatten. Verwandte, die mir etwas erzählen könnten, leben längst nicht mehr. Diese Spielzeuge mit dem Hauch von „damals“ sind eine späte Kinderwunscherfüllung.

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  4. Manfred Voita schreibt:

    Was für ein Haifisch-Design! Ist das einem real existierenden Auto nachgebaut?

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    • Lo schreibt:

      Nein, dieser Bus nicht. Die Blechspielzeugautos waren meist freie Interpretationen.
      Ein anderes Wendeauto (No.1010) von Schuco war allerdings einer Maybach-Limousine aus den 30er-Jahren nachempfunden.

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  5. Heinrich schreibt:

    Lieber Lo,
    ich bin zwar nach dem 2. Weltkrieg geboren, war aber trotzdem ein paar Mal „auf der Flucht“. Manche Umzüge kann ich einfach nicht anders bezeichnen. Und auf der Flucht verliert man alles, wenn man Pech hat. So ein Schuco Auto habe ich aber auch nie besessen. Wir waren arm. 😉
    Reich dagegen war ein Nachbar. Er war der Erste in der Straße, der Anfang der 50er einen VW Käfer hatte. Ich (4 oder 5) sprach seine Tocher (4) Gaby auf diese riesige, neue Errungenschaft an. Und Gaby L. plapperte munter drauflos: „Ja, mein Papa der ist reich! ….der hat viel Kredit!“ 😉
    Gruß Heinrich

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  6. Lo schreibt:

    Mir fehlt ebenso Vieles- eigentlich sogar alles – aus meiner Kindheit: so besitze ich leider kein einziges Kinderfoto von mir, weil wir keine Kamera hatten. Verwandte, die mir etwas erzählen könnten, leben längst nicht mehr. Diese Spielzeuge mit dem Hauch von „damals“ sind eine späte Kinderwunscherfüllung.

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  7. Ruhrköpfe schreibt:

    Lieber Lo, ein quietschroter Bulli – sehr cool. Wenn ich solche Modelle gelegentlich in Spielwarenläden sehe, drücke ich mir die Nase an der Scheibe platt 😉 Liebe Grüße, Annette

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  8. Lo schreibt:

    Ja, diese alten Spielzeuge haben einen besonderen Charme.
    Liebe Grüße nach Dortmund.

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